In zwei Tagen starte ich meinen ersten Lern-Ort Mut Kurs für Kinder. Warum gerade Mut? Warum habe ich mir dieses Thema als erstes für einen meiner Workshops rausgesucht? Vielleicht war es unbewusst? Unbewusst das Thema, was mich selbst mein Leben lang und auch heute noch begleitet?
War ich als Kind mutig? Hmm gute Frage, weiß ich gar nicht so genau. Als Kind der DDR war ich auf allen Plätzen meiner Kleinstadt zu Hause. Da habe ich niemanden fragen können, ob ich auf den Baum klettern darf, geschweige denn dass jemand unter mir gestanden hätte, um mich aufzufangen. Wir waren halt draußen und haben getobt und sind auf Baustellen und zwischen alten Rohren umhergesprungen. Seit der ersten Klasse bin ich allein in die Schule gelaufen. So im gesamten gesehen, lernte ich das mutig sein quasi nebenbei.
Als ich dann „erwachsen“ war, ging das genauso weiter. Ich habe nicht lange überlegt, ob ich in ein Land auswandere, dessen Sprache ich gar nicht spreche. Dann lerne ich sie halt. Also geflogen und irgendwo gelandet. Mich hat zwischendrin oft der Mut verlassen. Ich habe ihn aber schnell wieder gefunden. Er holte sich nur schnell einen Café Cortado um die Ecke ;-). Natürlich stürzte ich mich auch oft in Situationen, ohne groß drüber nachzudenken. Wird schon, dachte ich mir. Ich bin ja nicht blöd. Heute habe ich mit völlig anderen Themen, die meinen ganzen Mut erfordern, zu tun. Da geht es um das Ansprechen fremder Menschen, um den Verkauf, das sich selbst zeigen und in völlig unbekannte Gefilde vorwagen. Da fällt es mir oft gar nicht mehr so leicht und dann helfen mir die Erfahrungen aus meiner Jugend. Ist bis jetzt immer Spitze gelaufen, also Go Baby Goooooo.
Was mir irgendwie zufiel, war mir bei meiner eigenen Tochter sehr wichtig. Ich hatte die Erfahrung gemacht, dass mir Mut in vielen Lebenslagen weitergeholfen hatte, und es war mir ein Herzensanliegen, dass sie ihren eigenen Mut findet und immer bei sich hat.
Also ließen wir sie von Geburt an so viel ausprobieren wie möglich. Wie ließen sie einfach machen, sich entdecken, Dinge runterfallen lassen, merken, wenn sie das tut, hat es das zur Folge. Schere und Messer bediente sie recht früh. Sie half beim Schnippeln mit und ich verkniff mir den Spruch, dass sie sich bitte nicht in den Finger schneiden soll. Treppen krabbelte sie allein hoch und runter, Bäume erklomm sie mit einigen blauen Flecke. Ich muss zugeben, ich habe noch nie Beine mit so vielen blauen Flecken gesehen. Psst, irgendwie war ich stolz drauf, denn es zeigte jede einzelne Entdeckung und jedes Abenteuer, das sie erlebt hat. Am Klettergerüst wollte sie immer hoch und höher. Wir haben sie jedes Mal ermutigt es zu probieren, sich selbst auszuprobieren. Merken wo ihre Stärken und Grenzen liegen, spüren was sie kann und was noch nicht. Dabei haben wir uns Sätze wie „Pass auf, nicht so hoch“ oder „Mach das nicht und dies nicht“ gespart. Why not? Woher soll sie wissen was geht und wie, wenn sie es nicht selbst ausprobiert?
Schüchtern schielte sie oft zu fremden Kindern rüber. Da fehlte ihr schon manchmal der Mut. Sie lernte bei jedem Spielplatzbesuch dazu und überwand jedes Mal von neuem ihre Scheu. Heute quatsch sie jeden an mit dem sie spielen will.
Ja, unser Kind ist mutig. Das kann ich stolz behaupten. Sie hat sich ihren eigenen Mut hart erarbeitet und wir haben sie einfach gelassen und in einigen Situationen ein wenig unterstützt.
Heut ist sie das mutigste Kind was ich kenne. Weil sie weiß, was sie kann, weil sie ihre Stärken und Grenzen kennt, weil sie sich selbst vertraut und sich selbst bewusst ist.
Also, was ist es das Kinder mutig werden lässt? Was gehört dazu, um mutig zu sein? Was brauchen Kinder von heute, damit sie mutig durch ihr Leben gehen?
Ich denke Kinder brauchen erst einmal den Raum von ihren Eltern, um selbst zu lernen. Sie brauchen den Rahmen, in dem sie sich bewegen können, den Schutz, um überhaupt Mut aufzubauen. Dazu gehört, dass Eltern ihrem Kind vertrauen, dass sie ihr Kind loslassen und es machen lassen. Dass es sich und seine Welt selbst entdecken darf. Ohne dieser Deckel, mach dies und das nicht und nein nein nein.
Kinder brauchen in den Ohren Sätze wie: „Du kannst das“, „Ich vertraue dir“, „Probiere es auch“ „Du bist einzigartig und wertvoll“, „Ich bin da, wenn du meine Hilfe brauchst“.
Wie schaut es mit den Eltern aus? Wie mutig seid ihr Eltern? Was lebt ihr euren Kindern vor?
Wir erwarten, dass Kinder mutig vor der Klasse stehen und ein Gedicht vortragen oder ein Lied singen. Das verlangt verdammt viel Mut! Wichtig ist das, was man sich für sein Kind wünscht, auch selbst vorzuleben. Authentisch den Weg zu gehen und dann auch mal zu sagen, ok, ich habe zwar echt Schiss, aber ich trau mich jetzt. Vorleben und selbst mutig sein. Denn Kinder lernen durch Abschauen und wie ihnen gewisse Werte vorgelebt werden. Also traut euch!
Mehr müssen Eltern gar nicht machen. Kinder tun von Natur aus genau das richtige. Wir können uns eigentlich zurücklehnen und beobachten, wie sich Kinder Schritt für Schritt ihren Mut erarbeiten.
Klappt es noch nicht so wie gewollt, dann dürfen wir unterstützen. Mit Händen und Worten.
Da sein, Raum, Rahmen und Sicherheit geben. That´s it.
Denn wenn Kinder sich ausprobieren dürfen, auch mal etwas mehr und über ihren Schatten springen, dann lernen sie Selbstvertrauen. Sie vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten und Stärken. Sie spüren sich, ihren Körper, merken wie weit sie kommen und was noch nicht geht. Sie lernen sich selbst einzuschätzen. Wenn Mama und Papa dann natürlich schon angsterfüllt von weitem schreien „Pass auf, nicht dass du runterfällst“, naja, dann wird das mit dem Runterfallen auch klappen. Das Kind hat überhaupt nicht an diese Option gedacht und nun ist sie in seinem Kopf und raubt ihm ein Stück Mut. Schade, oder? Also Klappe halten, hinschauen und selbst noch was lernen.
Viel MUT auf eurem Weg Ihr wundervollen, einzigartigen Kinder
Braucht ihr doch etwas Mut-Power? Schaut mal bei unserem Mut-Workshop „Finde den Löwen in dir“ vorbei.
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